232 Ernennungsurkunde Konstantins von Neurath zum Reichsprotektor von Böhmen und Mähren
Ernennungssurkunde für den Reichsminister Konstantin Freiherr von Neurath zum Reichsprotektor von Böhmen und Mähren.
Datiert Berlin, den 19. März 1939. Mit Prägesiegel und Originalunterschtrift des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler sowie Gegenzeichnung Reichsinnenminister Wilhelm Frick und Reichsminister Dr. Lammers (Chef der Reichskanzlei).
Im Originalumschlag mit goldgeprägtem Hoheitsadler.
Bedeutendes, einmaliges museales Dokument zur Geschichte des 3. Reiches und der de facto Angliederung der "Rest - Tschechei" an das Großdeutsche Reich.
Konstantin Hermann Karl Freiherr von Neurath (* 2. Februar 1873 im Hofgut Kleinglattbach, Kleinglattbach; † 14. August 1956 im Leinfelder Hof, Enzweihingen) war ein deutscher Diplomat des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Er wurde 1932 Reichsminister des Äußeren und hatte das Amt auch nach der nationalsozialistischen Machtergreifung bis 1938 inne. Zwischen 1939 und 1943 war Neurath Reichsprotektor des vom Deutschen Reich besetzten Protektorats Böhmen und Mähren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Neurath zu den 24 Hauptangeklagten der Nürnberger Prozesse. Der Internationale Militärgerichtshof sprach ihn am 1. Oktober 1946 in allen vier Anklagepunkten schuldig und verurteilte ihn zu einer 15-jährigen Haftstrafe. 1954 wurde Neurath vorzeitig entlassen.
Von 1930 - 1932 war v. Neurath deutscher Botschafter in London.
Nachdem Reichspräsident Hindenburg im Juni 1932 ein nicht mehr auf den Reichstag gestütztes Präsidialkabinett unter Franz von Papen gebildet hatte, wurde Neurath zum Außenminister im „Kabinett der Barone“ ernannt. Er behielt sein Ministeramt auch in den folgenden Kabinetten Schleicher (1932/33) und am 30. Januar 1933 im Kabinett Hitler. Neurath galt als Exponent einer konservativen Fachbeamtenschaft. Bei sonst loyaler Mitarbeit innerhalb der Regierung Hitler ist bekannt, dass von Neurath sich 1935 ebenso wie seine Kabinettskollegen Gürtner, Blomberg und Frick für die von der Gestapo festgehaltenen Rechtsanwälte einsetzte, die die Witwe des im Zuge der politischen Säuberungswelle beim sogenannten Röhm-Putsch ermordeten katholischen Politikers Erich Klausener vertraten, was zu deren Entlassung aus der Haft beitrug.
Neurath stand für eine konservativ-revisionistische deutsche Außenpolitik und trug den immer stärker von Adolf Hitler bestimmten aggressiven Kurs der NS-Außenpolitik (z. B. den Austritt aus dem Völkerbund, die Wiedereinführung der Wehrpflicht oder die Wiederbesetzung des Rheinlandes) aktiv mit. Hitler wiederum profitierte nicht nur von Neuraths Reputation im Ausland, sondern auch von der Expertise der von ihm angeleiteten Ministerialbürokratie. Die Handlungsfreiheit des Auswärtigen Amts wurde jedoch durch die Konkurrenz des im Hintergrund agierenden NS-Außenpolitikers Joachim von Ribbentrop und dessen Dienststelle Ribbentrop ab etwa 1936 immer stärker eingeschränkt.
Anlässlich des 4. Jahrestages der Machtergreifung verlieh Hitler an alle parteilosen Kabinettsmitglieder das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP, wodurch Neurath Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 3.805.229) wurde. Am 18. September 1937 erhielt er den Ehrenrang eines SS-Gruppenführers (SS-Nr. 287.680), der dem Rang eines Generalleutnants entsprach. Bereits vorher war er Mitglied der von Hans Frank gegründeten nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht geworden.
Bis 1937 trug Neurath eine „Politik der Stärke“ mit, die auf die Annexion Österreichs, im Sprachgebrauch der Nationalsozialisten beider Länder auf die Gleichschaltung Österreichs abzielte und schließlich in das Berchtesgadener Abkommen mündete. Doch gegen Kriegspläne, wie sie Hitler auf einer Konferenz am 5. November 1937 verkündete, erhob er Einwände. Im Zuge der Blomberg-Fritsch-Krise wurde Neurath am 4. Februar 1938 zum Präsidenten des niemals zusammengetretenen Geheimen Kabinettsrates „befördert“ und als Außenminister durch seinen parteiinternen Konkurrenten Ribbentrop ersetzt. Formal gehörte Neurath bis zum 30. April 1945 als Reichsminister ohne Geschäftsbereich der Reichsregierung an.
Nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei und dem Einmarsch deutscher Truppen in Prag am 15. März 1939 wurde Neurath – möglicherweise als Beschwichtigungsgeste gegenüber den Briten – Reichsprotektor im Protektorat Böhmen und Mähren, und war unter anderem für die Unterdrückung der politischen Kultur der Tschechen und die Durchsetzung der Nürnberger Gesetze zuständig. Hitler hielt Neurath jedoch für nicht brutal genug, um die zunehmende tschechische Widerstandsbewegung zu unterdrücken. Er beurlaubte ihn deshalb im September 1941 zunächst dauerhaft, um seine Vollmachten an den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich bzw. nach dessen Ermordung durch tschechische Widerstandskämpfer Mitte 1942 an Kurt Daluege zu übertragen. Im August 1943 entsprach Hitler den wiederholten Entlassungsgesuchen Neuraths im Zuge eines größeren Revirements: Heinrich Himmler wurde zum Reichsinnenminister befördert und Neurath formell von dem Amt des Reichsprotektors entbunden, das der bisherige Reichsinnenminister Wilhelm Frick übernahm.
Im Juni 1943 war Neurath zum SS-Obergruppenführer befördert worden, was dem Rang eines Generals entsprach. Zu seinem 70. Geburtstag erhielt er von Hitler eine Dotation in Höhe von 250.000 Reichsmark.