229 Professor Josef Wackerle: Entwurf für die Plastik "Asien" für das Passagierschiff "Columbus", des größten Schiffes der Norddeutschen "Lloyd.
Gipsrelief "Asien" als Entwurf für die in Eichenholz geschnitzten Plastik für den Rauchsalon II. Klasse des Passagier - Schiffes "Columbus". Gips mit Terracotta - Tönung. Im zeitgenössischen vergoldeten Holzrahmen.
54 x 114 cm m. R.
Bei diesem Exemplar handelt es sich um die in Gips gefertigte Urform der Plastik Amerika, eines von insgesamt vier Wandreliefs die Wackerle für den Rauchsalon II. Klasse des Passagier - Schiffs Columbus geschaffen hat. Die Themen dieser Reliefs waren Europa, Afrika, Asien und Amerika.
Die Columbus war das schönste und größte Passagierschiff der Norddeutschen Lloyd, das nach dem 1. Weltkrieg gebaut wurde.
Die in Gips geschaffenen Entwürfe dienten als Vorlage für die in Eichenholz geschnitzten Reliefs, die in die Wände des Salons eingelassen wurden (vgl. Abb. in der vom Norddeutschen Lloyd herausgegebenen Broschüre "Columbus", S. 40f ).
Für dieses Schiff wurden die Innenausbauten von Prof. Paul Ludwig Troost durchgeführt, der sich bereits auf diesem Gebiet einen Namen geschaffen hatte, und der später auch die "Europa", das Flaggschiff des Norddeutschen Lloyd, ausgestattet hat.
Prof. Troost hat für diese Aufgabe die besten Künstler der Zeit verpflichtet. Die Zusammenarbeit mit Prof. Wackerle war hierbei besonders fruchtbar.
Die Columbus wurde im Jahr 1924 in Dienst gestellt. Das Schiff hat sich gleich nach Kriegsausbruch im September 1939 im südwestlichen Atlantik in aussichtsloser Lage selbst versenkt.
Joseph Wackerle (* 15. Mai 1880 in Partenkirchen; † 20. März 1959 ebenda) deutscher Bildhauer und Medailleur.
Wackerles Großvater war Holzschnitzer, während sein Vater als Baumeister tätig war. Mit 13 Jahren besuchte Wackerle die Holzschnitzschule in Partenkirchen. Danach folgte eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule und an der Akademie in München. Mit 26 Jahren wurde Wackerle künstlerischer Leiter der Porzellanmanufaktur Nymphenburg in München. 1909 erhielt er auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine kleine Goldmedaille. Von 1913 bis 1917 wirkte er als Lehrer an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin. 1917 trat er die Nachfolge von Josef Flossmann an der Münchner Kunstgewerbeschule an und folgte 1924 einem Lehrauftrag der Münchener Akademie, an der er bis 1950 unterrichtete.
Wackerle nahm an den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam teil. Bei den Kunstwettbewerben stellte er in der Kategorie Gemischte Skulpturen, Reliefs und Medaillen eine Medaille für den Sport vor, gewann aber keinen Preis. Auch an den Kunstwettbewerben der Sommerspiele 1932 nahm er mit seinem Werk Verfassungsplakette 1929 teil. 1930 wurde er mit dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.
Zu seinem 60. Geburtstag im Jahr 1940 erhielt Wackerle auf Vorschlag von Adolf Hitler die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Bereits 1937 hatte Goebbels den Reichskultursenator Wackerle für den Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft vorgeschlagen. Er wurde als Künstler von den nationalsozialistischen Machthabern hoch geschätzt, sodass er im August 1944 von Hitler in die Gottbegnadeten-Liste mit den wichtigsten deutschen Bildhauern aufgenommen wurde, was ihn von Kriegseinsätzen befreite.
Zu seinen bekanntesten Werken gehört die Skulptur "Der Rossführer" auf dem Reichssportfeld Berlin. Wackerle erwarb sich einen Namen als meisterhafter Brunnenplastiker. Seine Werke waren auch bei der politischen Prominenz des NS-Staates gefragt. So fertigte er 1938 für den Garten des Bormann-Anwesens in München-Pullach einen Brunnen. Ovale Stuckoreliefs mit einer Nymphe und einem Pan als Jüngling (1939 im „Haus der Deutschen Kunst“ ausgestellt) schmückten Hitlers Teehaus auf dem Obersalzberg. Eine Aktstudie Wackerles befand sich in Hitlers Berliner Wohnung. Auch für die Reichskanzlei fertigte er zwei Akte. Das Zeiss-Hochhaus in Jena erhielt als plastischen Schmuck einen männlichen Akt mit Fackel und einen knienden weiblichen Akt Wackerles.
Wackerle stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges knüpfte Wackerle nahtlos an seine Karriere der 1930er Jahre an. Da er weder der NSDAP noch einer anderen Parteiorganisation beigetreten war und seine öffentlichen Werke kaum inhaltliche Bezüge zur nationalsozialistischen Ideologie aufwiesen, wurde er weiterhin im Münchner Raum hoch geschätzt. Diese ungebrochene Wertschätzung kam u. a. in der Verleihung des Förderpreises Bildende Kunst durch die Landeshauptstadt München im Jahr 1953 zum Ausdruck.
Literatur: Peter Breuer: Münchner Künstlerköpfe, Callwey Verlag 1937.
Die Kunst im Deutschen Reich 1937 IX/23; 1938 / 253; 1939 / 57-63; 1940/ 177 und 279; 1941 / 248; 1943 / 168
Norddeutscher Lloyd (Hrsg.): Columbus, Bremen o.J. 47 S.
Provenienz: Ehemals Sammlung Frau Prof. Gerdy Troost.